Coffee Talk mit Ida
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Coffee Talk mit Ida

Coffee Talk mit Ida

„Den Chef bitte!“, verlangen hin und wieder Gäste an der Theke. „Es tut mir leid, es gibt keinen Chef“, antwortet die sympathische junge Storeleiterin gekonnt, „ich bin diejenige, mit der Sie sprechen können.“ So mancher Gast staunte nicht schlecht, wenn Ida vor einem steht. Ida ist als Franchisenehmerin selbstständig in der Gastronomie tätig und führt ein Lokal mit schneller, gesunder Küche. Sie selbst fühlt sich jedoch nicht als Chefin und erwähnt das nur sehr ungerne. „Das hat immer so einen blöden Ton“, meint Ida.

Franchise – was ist das eigentlich?

Franchise bedeutet, dass ein bestehendes Produkt bzw. eine Marke oder ein System gemietet oder gekauft wird und selbstständig verwendet werden darf. In Idas Fall handelt es sich um ein Lokal. So muss zu Beginn investiert werden, um das Konzept zu erwerben und einzusteigen. Verkauft wird dann, was der Franchisegeber anbietet. Der Laden gehört einem nicht zu 100 %, da der Franchisegeber alles zur Verfügung stellt, wodurch Abgaben an diesen gezahlt werden müssen. Serviceleistungen wie Recruiting, Marketing oder Buchhaltung werden durch den Franchisegeber abgewickelt.

Bei Franchise handelt es sich meist um langfristige Partnerschaften. Anfangs liefen Verträge zehn Jahre lang. Es schreckte Ida zu Beginn ein klein wenig ab, sich für 10 Jahre an das Unternehmen zu binden. Nachdem der Mietvertag des Lokals allerdings nach vier Jahren ablief, wurde Ida ein Vierjahresvertrag angeboten. Das war überschaubar und Ida hat es gewagt! Und schon sind die ersten vier Jahre vorüber und Ida startet voll motiviert mit komplett erneuertem Laden in ihre neue Vertragsperiode von fünf Jahren. Das Arbeiten macht nun ganz besonders Spaß, da alles schön neu ist und auf Knopfdruck funktioniert. Aktuell ganz neu ist ein Orderterminal. Sinn ist es, zu den Stoßzeiten, mehr Leute gleichzeitig zu bedienen. Den Kundenkontakt, der ein zentrales Element ist, ersetzt dieses nicht.

Das Team stellt sich Ida selbst zusammen und besteht derzeit aus 12 Personen, die entweder Voll-, Teilzeit oder geringfügig beschäftigt sind. Vor allem um die Mittagszeit werden die meisten Mitarbeiter/innen benötigt. Beliebt ist der Job vor allem bei Studierenden. Ida ist selbst gerne im Laden tätig: Sie versucht Balance zwischen Kassieren, Bedienung, Gästebetreuung oder dem Abwasch zu halten. Wenn Ida nicht gerade aktiv im Laden mithilft, schreibt sie Mails, schult Mitarbeiter/innen, führt Gespräche, ist auf Meetings mit anderen Storeleiter/innen, gibt Bestellungen auf, führt Erneuerungen, Instandhaltungen oder Inventuren durch und vieles mehr. Für all diese Tätigkeiten sind keine fixen Stunden eingeplant; diese laufen nach Bedarf ab und können zum Teil auch von zu Hause oder unterwegs erledigt werden. Im Moment versucht Ida weniger mitzuarbeiten, sondern eher am System zu arbeiten.

„Es ist so, wie es sein soll.“

Ida hatte schon immer viele Pläne: Sie wollte Modedesignerin werden, interessierte sich fürs Schreiben und die Architektur, bis sie eines Tages eine junge Frau auf einer Messe kennenlernte, die ihren selbstgebrannten Obstbrand (ungarisch: Pálinka) als Abschlussprodukt präsentierte. Von da an wusste Ida, dass sie Lebensmittelingenieurin werden möchte, um ihren eigenen Obstbrand herzustellen. Dafür studierte sie in Budapest. Den Schwerpunkt ihres Studiums legte sie auf die Herstellung von Bier und Obstbrand, mit der Idee, selbst eine Brennerei zu gründen. Der Papa war vollauf begeistert und unterstützte sie dabei.

Nach dem Bachelorabschluss verbrachte sie den Sommer in Österreich, um ihren Freund zu besuchen, der gerade nach Salzburg gezogen war. Da Ida als Studentin Zeit hatte, war sie auf der Suche nach einem Sommerjob und fand diesen bei myIndigo. Ida hatte geplant, nach dem Sommer einen Master in München zu absolvieren. Doch aus einem Sommerjob entwickelte sich schnell mehr und Ida fand Gefallen an der Tätigkeit in der Gastronomie. Aus den geplanten 2-3 Monaten wurde eine fixe Anstellung und später auch die Übernahme des Lokals. Auch wenn Idas Pläne anders waren ist es nun so, wie es sein soll.

Seither betreibt der Papa selbst eine eigene kleine Manufaktur und produziert Obstbrand in Haushaltsmengen. Ida hilft leidenschaftlich mit und berät ihren Papa, der immer wieder um Rat fragend bei ihr anruft. Doch eigentlich beherrscht der Papa das mittlerweile sogar schon besser als sie, da er in der Praxis tätig ist, meint Ida.

„Die richtige Freiheit ist die Selbstständigkeit!“

Der Papa ist auch derjenige, der Ida das Thema der Selbstständigkeit schon früh mitgegeben hat. Er ist seit vielen Jahren selbstständig und prägte Ida immer wieder ein: „Die richtige Freiheit ist die Selbstständigkeit!“ So wollte Ida schon immer selbst für sich sorgen und eigenständig durchs Leben gehen. Es waren Idas Eltern, die sie motiviert haben, den Absprung aus dem Angestelltenverhältnis hinein in die Selbstständigkeit zu wagen. Und das ist Ida mit Bravour gelungen.

Die Selbstständigkeit hat den Vorteil, dass man macht, was man will. Wenn man Glück hat, es mit Leidenschaft und gut macht, ergibt sich daraus auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Man hat frei und arbeitet, wann immer man will. Freiheit bedeutet, dass man theoretisch zwei Monate abhauen kann, sofern es wirtschaftlich möglich ist. Warum nicht? Man ist selbst für alles verantwortlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss man selbst Lösungen finden und herhalten. Wenn etwas passiert, ist man verantwortlich. Ebenso sind im Vergleich zum Privaten ganz andere Summen an Versicherungen, Beiträge an die Krankenkassen und das Finanzamt zu tätigen. Doch hätte Ida ständig das Gefühl der Verantwortung im Kopf, könnte sie das nicht machen.

„Outdoor-Girlie“ und Yoga-verliebt

Sport und Natur ist Idas Ausgleich. Sehr gerne verbringt sie Zeit beim Wandern. Man kann schon zig Male am selben Berg gewesen sein und jedes Mal aufs Neue ist es ein Erlebnis. Yoga ist Idas neue große Liebe. Auch wenn die ersten Yoga-Erfahrungen nicht überzeugten, weil einzelne Posen minutenlange zu halten waren und der Kurs einfach zu wenig aufregend war und Ida nicht ins Schwitzen brachte, hat sie nun ihren Style gefunden: Dynamic Flow. Hier fließt der Atem mit verschiedenen dynamischen Bewegungen. Außerdem werden Asanas nur einen Atemzug lang gehalten. Am Ende ist man fertig und der Schweiß fließt, ohne viel herumgehüpft oder außer Atem zu sein. Die Kurse finden live online statt. Wenn man nicht zeitgleich dabei sein kann, können die Videos 24 Stunden lang abgerufen werden und garantieren somit eine flexible Teilnahme.

„Ich bin wirklich stolz darauf, behaupten zu können, dass alle gerne zur Arbeit gehen.“

Es ist eine echte Herausforderung, dass das Team gut harmoniert und die unterschiedlichen Leute auch gut miteinander können. Alleine ist es nicht möglich, ein Lokal zu führen; man benötigt Menschen, die gemeinsam für dasselbe Ziel arbeiten. Mit der Zeit entwickelt man auch ein Bauchgefühl, wer von der Energie und den Sichtweisen in das Team passt. Man merkt gleich beim ersten Gespräch, ob jemand ein fröhlicher und positiver Mensch ist. Es ist außerdem wichtig, dass der Spaß an der Arbeit aufrechterhalten bleibt und Reibungen ausgegliedert werden.

Dafür muss man Leadership betreiben. Es ist wichtig, dass man selbst stets den Ruhepol darstellt und Gelassenheit ausstrahlt. Ausflippen geht gar nicht. Wenn man selbst ausflippt, kann man von anderen nicht erwarten, ruhig zu bleiben. Man muss das Gefühl vermitteln, dass man bei der Arbeit nicht alleine gelassen wird, sich vor dem Gast nicht blamieren wird und sich auf andere verlassen kann. Darauf verlassen, dass die Kolleg/innen zur Arbeit kommen, dass der Lohn bezahlt wird und es sich um keine Ausbeute bzw. schlechte Arbeit handelt. Für Ida wäre es das Schlimmste, wenn ihr jemand sagen würde: „Ich muss wieder zur Arbeit – oh mein Gott!“ Ida ist stolz darauf behaupten zu können, dass in ihrem Team jeder gerne zur Arbeit geht. Vermutlich auch weil Ida gerne in die Arbeit kommt.

Es ist wichtig, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel zu quatschen – nicht über zu private Angelegenheiten aber ein Interesse an der Person zu zeigen ist wesentlich. Ein freundlicher Umgang miteinander ist essentiell. Alle sitzen im selben Boot und wenn jemand etwas auf der Strecke lässt, muss eine andere Person das mitnehmen. Kommt dies aus der Balance, können Reibungen entstehen. Es braucht viel Zeit, die richtigen Gespräche und ein Auge dafür, dem entgegenzuwirken. Daher ist es auch wichtig, vor Ort zu sein, um die Energie im Team zu spüren. So meint Ida auch sofort zu erkennen, wenn jemand bei der Türe eintritt und einen schlechten Tag hinter sich hat – ein Talent, das ihr in vielerlei Hinsicht zugutekommt. Es ist ein sehr soziales Arbeiten, man benötigt viel Feingefühl und muss die Menschen einfach mögen.

„Mache dein Hobby zum Beruf und du musst nie wieder arbeiten.“

Als zukünftige Herausforderung könnte sich Ida vorstellen, ein weiteres Lokal zu leiten. Dafür muss sie ihre Mitarbeiter/innen weiter aufbauen, damit diese ohne sie zurechtkommen. Als berufliche Empfehlung kann Ida mitgeben, einen Job zu finden, der Spaß macht. Der Beruf ist dann erfüllend, wenn man nicht stets das Gefühl hat, arbeiten zu müssen. Andernfalls verbringt man viel zu viel Zeit des Lebens im Beruf. Darüber hinaus rät sie, lösungsorientiert durchs Leben zu gehen. Wichtig ist es, in Lösungen zu denken und nicht immer das Problem vor Augen zu sehen.

 

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